Endlich ist sie fertig: Meine "Mater Dolorosa". Mitte April habe ich begonnen an diesem Kunstwerk zu arbeiten. Im Blogbeitrag "Neues aus dem Atelier" habe ich bereits über meine ersten Pinselstriche an der Staffelei berichtet. Ich habe etliche Stunden zusammen mit dem GeburtLebenTodZyklus in meinem Atelier verbracht - dem Thema dieses Gemäldes. Im heutigen Beitrag berichte ich was bei diesen Meetings rausgekommen ist.
Inspiration und Material
Neben dem Zeichnen mit Polychromos arbeite ich auch sehr gerne mit Ölfarben. Zwei völlig verschiedene Techniken. Ich glaube ich brauche das als Abwechslung. Es gibt Tage da arbeite ich einfach lieber mit dem Pinsel und mische mir Farben auf meiner Palette zusammen, die ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Und denn habe ich wieder Phasen da liebe ich es mit Stiften Bilder aus feinen Linien entstehen zu lassen.
Wie schon im vorherigen Beitrag erwähnt, habe ich mir diesmal die Pieta von Michelangelo als Modell ausgesucht. Durch den Vergleich beider Kunstwerke lässt sich meine Herangehensweise gut erkennen. Es geht mir nicht darum etwas bereits vorhandenes nachzuahmen und möglichst genau auf der Leinwand wiederzugeben.
Ich lass mich von Gesehenen, Gehörten und Gefühlten inspirieren. Und ab und zu brauche ich ein Vorbild zur Orientierung. Da ja ein Schwerpunkt meiner Arbeiten die menschliche (vor allem weibliche) Gestalt ist, sollte es anatomisch einigermaßen stimmig zugehen, künstlerische Freiheit hin oder her. Es kann nicht schaden über die Schulter der alten Meister zu schauen und es ist ebenfalls nicht verkehrt denn sein eigenes Ding zu machen. ;-) Nicht das am Ende noch der Spass am kreativ sein verloren geht.
Meine erster Empfindung bei dieser berühmten Darstellung der Mater Dolorosa (übersetzt: Schmerzensmutter) ist die Trauer, die mit einer bewundernswerten Gelassenheit angenommen wird. Eine Mutter hält ihren toten Sohn in den Armen und lässt ihn gleichzeitig gehen. Besser kann man den GeburtLebenTodZyklus symbolisch nicht wiedergeben. Darum war für mich klar, daß ich diese Marmorstatue als Vorlage zu meiner Auseinandersetzung zu diesen Thema verwenden werde.
Blut , Wasser, Wurzeln und Vögel... Alles in Bewegung
Meine Mutter nimmt allerdings nicht von Jesus Abschied, sondern von ihrer Tochter. Das ist ein wichtiges Detail. Weil es mir nicht um die Veranschaulichung eines religiösen Themas, sondern um ein Naturgesetz geht... Dem Kreislauf des Lebens.
In der linken Hand hält die junge Frau auf meinen Bild ein Kugel, die in der Mitte aufbricht. Sie steht für den empfundenen Schmerz. Aus ihr tritt auch am Anfang Blut aus, welches sich aber zu Wasser umwandelt und davonfließt...in Gelassenheit. Da wird an nichts festgehalten, schön geredet oder aufgehalten aus Angst etwas für immer zu verlieren. Der Fluss der durch diesen Prozess entstehen konnte, scheint die Haarwurzeln des Mädchens zu nähren. Altes muß sterben und losgelassen werden, damit Neues entstehen kann. Der gleiche Ablauf ist am Kopf der Tochter zu erkennen, in Form von Vögeln die davonziehen um in einer zweiten Kugel wieder zusammen zu finden.
Es liegt ein Apfel im Schoß der Toten. Die verbotene Frucht vom Baum der Erkenntnis? Auch die Schlange, die vermeintliche Verführerin scheint der Pieta schon etwas einzuflüstern. Stopp! Wie schon gesagt dieses Bild spiegelt nicht die Bibelgeschichte wieder. In der Natur wird niemand aus dem Paradies verband, nur weil er Lust auf Obst hat und eine Schlange ist auch nicht das ultimative Böse, sondern einfach ein Tier.
Am Anfang steht immer eine Mutter...
Der Apfel ist hier einfach ein Symbol von FRUCHTbarkeit. Denn es sind die Frauen denen Mutter Natur die Geburt neuen Lebens anvertraut hat. Das war von Anfang an so und wird auch in Zukunft so bleiben. Dieser Vorgang muß nicht gepredigt und geglaubt werden, damit er auf uns einwirkt. Es passiert unbeeindruckt von sämtlichen Idiotologien, technischen Errungenschaften und Lebenmodellen die der moderne Mensch sich so auskaspert. Auch wenn der Mensch sich noch soweit von der Natur entfernt um beim Fortschritt unserer modernen Gesellschaft mithalten zu können: Um auf diesen Planeten zu gelangen braucht jeder eine Mutter.
Es ist für mich immer noch nicht nachvollziehbar wie wir als Gesellschaft so sehr auf den Holzweg geraten konnten. Auf diesen Pfad wo wir gerade herumirren fehlt uns komplett die Verbindung zm Ursprung... Also der Natur. Diese wird vom Großteil der Bevölkerung als fehlerhaft, gefährlich, als das was außerhalb von uns ist wahrgenommen. Gleichzeitig wird künstlich erschaffenen (angeblichen) Verbesserungen oft ohne kritisches Hinterfragen vertraut. Deutlich erkennt man das z.B. an unseren Gesundheits-, Bildungs- und Glaubenssystemen.
Und was macht Mutter Erde währenddessen? Verzweifeln? Sich anpassen? Demonstrieren? Bekämpfen? Nein...Sie bleibt in ihrer Gelassenheit. Sie hält den Schmerz, der bei den derzeitigen Verhältnissen riesig sein muss, in ihren Armen und lässt weiterhin Altes gehen, damit Neues entstehen kann.
Ich pflege übrigens bei meiner Arbeit einen vergleichbaren Rythmus. Fertige Werke (also das Alte) lass ich zwar nicht gleich gehen, aber trocknen. Sie bekommen eine Signatur, einen Rahmen, einen Ehrenplatz auf meiner Website und vielleicht bald einen neuen Besitzer. Bei mir hat da schon längst ein neuer Zyklus begonnen und die nächste weiße Leinwand steht auf meiner Staffelei, damit ich ihr neues Leben einhauchen kann. Wie gesagt, ich schau gerne alten Meistern über die Schulter. Mutter Erde steht als Vorbild ganz oben auf meiner Liste ;-)
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